Fachtagung

Lebenssituation(en) von Roma und Sinti in Sachsen

Regionalkonferenz und Fachnetzwerktagung des Fachnetzwerks Antiromaismus/Antiziganismus, dem Verband der Roma und Sinti in Sachsen – Romano Sumnal und der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus Sachsen (MIA)

9:30 – 10:00 Ankommen

10:00-10:20 Begrüßung: Gjulner Sejdi (Vorsitzender des Verbandes der Roma und Sinti in Sachsen, Romano Sumnal e.V. und Fachnetzwerk Antiromaismus/Antiziganismus) und Grußworte

10:20-11:00 Einführungsvortrag: „Roma und Sinti in Sachsen. Gestern und heute“ (Petra Čagalj Sejdi)
Wie leben Sinti und Roma heute in Sachsen? Roma und Sinti leben seit dem Mittelalter in Sachsen, wir finden Spuren in Erzählungen und Sagen, in Ortsnamen, Aufzeichnungen und an vielen anderen Orten. Über die Geschichte der sächsischen Roma und Sinti ist heute nur wenig bekannt. Der Vortrag gibt einen kurzen Abriss darüber, was bisher bekannt ist und auf welchen Gebieten Romano Sumnal in Sachsen heute recherchiert. Gleichzeitig wird auch aufgezeigt, wie Roma und Sinti in der heutigen sächsischen Gesellschaft leben.

11:00-12:00 Keynote: Romabilder in den Medien. Journalismus, “neue Medien” und Vorurteile (Gilda Nancy Horvath)
Gilda Nancy Horvath ist österreichische Journalistin und Medienaktivistin. Sie arbeitete für verschiedene österreichische Medien, u.a. für den öffentlich-rechtlichen ORF, bei dem in Österreich lebende “Volksgruppen” einen festen Platz im Programm haben. Zudem arbeitet sie für die Deutsche Welle und andere Medien. Ihr Zuhause ist jedoch der virtuelle Raum des Internets als Ort der Selbstermächtigung auch für Rom*nja und Sinti*zze. Viele Menschen sehen sich heute nicht mehr in der Lage, Fakt von Fiktion zu unterscheiden, ein Problem, dessen komplette Tragweite noch nicht abzuschätzen ist. Auch Rom*nja und Sinti*zze sehen sich immer wieder mit Fake News konfrontiert, mit Falschmeldungen, die über sie verbreitet werden. Sie werden vor allem in den Printmedien immer eher negativ dargestellt und die Berichterstattung ist von Vorurteilen geprägt. Diese stereotype Darstellungsweise hat Einfluss auf die Realität und das Leben der Rom*nja. Die Corona-Pandemie trug besonders dazu bei, dass Fake News über Rom*nja und Sinti*zze stärker propagiert wurden. Auch der digitale Raum ist ein Ort der Diskriminierung und der Fake News. Gleichzeitig ist er jedoch auch ein Ort der Selbstermächtigung für Rom*nja und Sinti*zze jenseits bestehender Fremdzuschreibungen. Gilda Nancy Horvath spricht über Romabilder in den Medien. Sie geht dabei sowohl auf “klassischen” etablierten Journalismus als auch auf die “neuen Medien” ein. Horvath zeigt auf, wie in den Medien Vorurteile reproduziert werden, aber auch was diese für Möglichkeiten bieten.

12:00-12:45 Mittagspause

12:45-13:15 Antiziganistische Vorfälle im Jahr 2023 – Zweiter Jahresbericht von MIA Sachsen (Kathleen Zeidler, MIA Sachsen)  
Seit 2022 dokumentiert MIA Sachsen antiziganistische Vorfälle im Freistaat Sachsen. Nunmehr liegt der zweite Jahresbericht vor. Dieser lässt aufmerken, denn die Zahlen haben sich nahezu verdreifacht. Vorgestellt werden die wichtigsten Erkenntnisse des zweiten Jahresberichts. Soziale Medien als Ort antiziganistischer Stereotypisierung machen einen großen Anteil aus. Der Bericht macht deutlich, dass Antiziganismus in Sachsen ein Thema ist, dass sich auf die Lebensrealität von Roma und Sinti auswirkt. Kathleen Zeidler geht auch darauf ein, wie jede*r dazu beitragen kann, Antiziganismus sichtbar zu machen, und warum das wichtig ist.
Kathleen Zeidler koordiniert und betreut die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus Sachsen, die von Romano Sumnal getragen wird. Seit 2022 dokumentiert sie antiziganistische Vorfälle in Sachsen. Als Historikerin hat sie auch die geschichtlichen Zusammenhänge im Blick, hält Vorträge zu dem Thema und gibt Weiterbildungen.

13:15-13:30 Antiziganistische Hetze in Chemnitz – Ein Bericht (Alexander Rode und Kathleen Zeidler)
In Chemnitz und anderen sächsischen Städten haben Roma in der Vergangenheit oft und sehr offensichtlich Antiromaismus/Antiziganismus erfahren – durch Parteien, Behörden, Medien und im unmittelbaren nachbarschaftlichen Umfeld. In Chemnitz polemisierte die Chemnitzer Stadtratsfraktion Pro Chemnitz/Freie Sachsen massiv gegen Roma und Sinti: Teil der Hetze ist die Skandalisierung von Immobilienkäufen, angeblich von Sinti und Roma verursachte nachbarschaftliche Konflikte auf dem Sonnenberg, Müll, Ruhestörung und Gewalt. Auch in überregionalen und lokalen Medien werden Roma und Sinti als Bedrohung des sozialen Zusammenhalts in Chemnitz stilisiert. Der Bericht des Fachnetzwerks Antiromaismus/Antiziganismus, der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus Sachsen (MIA) und dem Verband der Roma und Sinti in Sachsen, Romano Sumnal dokumentiert antiziganistische Hetze in Chemnitz. Alexander Rode und Kathleen Zeidler stellen den Bericht zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor.
Alexander Rode koordiniert seit 2023 das Landesweite Fachnetzwerk Antiromaismus/Antiziganismus bei Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen. Er ist Historiker und beschäftigt sich dabei mit verschiedenen Formen der Marginalisierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

13:30-13:45 Video: Robert A. über ein Leben als staatenloser Rom in Chemnitz
Die Geschichte des Chemnitzers Robert A. ging im Sommer 2024 überregional durch die Medien. Wir geben ihm die Möglichkeit, von seinen Erfahrungen mit behördlicher Willkür und Diskriminierung, seiner drohenden Abschiebung, aber auch von seiner Enttäuschung, Angst und Verunsicherung zu sprechen.

13:45-14:00 Kaffeepause

14:00-15:30 Workshops

Workshop I: Antiziganismus/Antiromaismus* erkennen (Gruppe gegen Antiromaismus,  MIA Sachsen und Fachnetzwerk Antiromaismus/Antiziganismus)
Dieser Workshop widmet sich dem Thema Antiziganismus/Antiromaismus, bzw. Rassismus gegenüber Sinti*zze und Rom*nja. Wir klären grundlegende Fragen darüber, wer „Sinti und Roma“ eigentlich sind, und wie respektvoller Sprachgebrauch aussieht. Die Vorstellungen von „Sinti und Roma“ sind mit jahrhundertealten Vorurteilen verknüpft, welche zu (rassistischer) Diskriminierung auch in der Gegenwart beitragen. Wir schauen uns diese Vorurteile und ihre Herkunft genauer an. Ziel ist es, Sensibilität für Stereotype gegenüber Sinti*zze und Rom*nja und den eigenen Umgang damit zu schärfen. Was antiziganistische Stereotype mit Arbeit, “faktischen Inländern” und dem Diskurs um “sichere Herkunftsländer” zu tun haben, besprechen wir im Workshop. Zudem werden wir Raum für Fragen zur aktuellen Situation von Sinti*zze und Rom*nja in Sachsen geben.

Workshop II: Solidarität mit aus der Ukraine geflüchteten Rom*nja (Iovanca Gaspar)
Iovanca Gaspar ist Soziologin und Dokumentarfilmerin. Seit mehreren Jahren arbeitet sie als Sozialpädagogin und begleitet in München seit zwei Jahren geflüchtete Rom*nja aus der Ukraine und hört ihre Geschichten. Im Workshop wird sie mit den Teilnehmenden die Situation der geflüchteten Rom*nja aus der Ukraine beleuchten und mit den Teilnehmenden die Erfahrungen der Menschen und ihr Ankommen in Deutschland reflektieren.

Workshop III: Politische Bildung und Jugendarbeit. Methoden aus der Praxis (Das Team von Romano Sumnal)
Wieso ist es wichtig, dass Schüler*innen die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma kennenlernen? Und wie kann eine empowernde Jugendarbeit aussehen, die junge Menschen in ihrem Alltag abholt? Welche Herausforderungen und welche Erfolge gibt es? Im Workshop vermitteln Mitarbeiter*innen des Verbandes der Roma und Sinti in Sachsen Methoden ihrer historisch sensiblen Bildungsarbeit in Schulen und einer communityorientierten Jugendarbeit.

15:30-16:30 Gespräch, Diskussion und Ausklang 
Die Leiter*innen der Workshops fassen die Ergebnisse ihrer Workshops zusammen. Außerdem sprechen sie über ihre eigenen Aktivitäten, über die Situation von Sinti*zze und Rom*nja über die Grenzen von Sachsen hinaus und über aktuelle Problemlagen.

Ganztägig ist unser Vernetzungscafé mit Ansprechpartner*innen offen.

*** Hinweis zum Sprachgebrauch

Zwei Begriffe, die den Rassismus gegenüber Rom*nja und Sint*ezze versuchen zu fassen, sind besonders geläufig: „Antiziganismus“ und „Antiromaismus“. Beide stehen in der Kritik. Die Kritik am „Antiziganismus“ ist, dass sich dieser aus dem abwertenden und diskriminierenden Ausdruck des*der „Zigeuner*in“ ableitet. In Anerkennung dieser Kritik durch die Selbstvertretungen etablierte sich der Begriff des „Antiromaismus“. Dieser wird kritisiert, weil er Sint*ezze, Lowara*, Jenische und andere Gruppierungen unsichtbar macht.

Bei der Verwendung der Personenbezeichnungen ist zu beachten, dass Rom*nja und Sint*ezze unterschiedliche Gruppen sind. Es gibt also keine Sinti-und-Roma-Menschen. Für die männliche Einzahl wird Rom oder Sinto verwendet. Für die weibliche Einzahl wird Romni oder Sintezza verwendet. In gendergerechter Sprache verwenden einige, nicht alle Selbstvertretungen und Initiativen im Plural Rom*nja und Sint*ezze.

Anmeldung unter: info@weiterdenken.de, Betreff: Anmeldung Netzwerktagung

Bitte gebt bei Eurer/ geben Sie bei Ihrer Anmeldung an, an welchem Workshop Ihr/Sie gerne teilnehmen möchtet/n.
Bitte gebt/geben Sie auch einen Alternativvorschlag ab, sollte ein Workshop zu viele Teilnehmer*innen haben.

ORT: Weltecho Chemnitz, Annaberger Str. 24, 09111 Chemnitz

Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.

Das Projekt „MIA Sachsen“ wird finanziert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Antidiskriminierungsregel
Den Veranstaltenden ist ein respektvolles und diskriminierungsfreies Miteinander sehr wichtig. Störungen oder Beleidigungen führen zum Ausschluss aus der Veranstaltung. Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch antiziganistische, rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Kooperationspartner/innen