Zum Superwahljahr 2024 ruft das Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen in Kooperation mit dem Bündnis gegen Rassismus dazu auf, solidarisch zu wählen und die Demokratie zu stärken. Hier erscheint ein Interview mit den Berater*innen von SUPPORT – Einem Projekt, welche Betroffene von rassistischer und antisemitischer Gewalt berät und begleitet.

„Eine pluralistische Gesellschaft ist kein Ort für Wenige, sondern für Viele.“

Interview mit den Berater:innen von SUPPORT Dresden

Liebes Team von SUPPORT Dresden, stellt euch bitte kurz vor: Wer seid ihr? Was sind die aktuellen Schwerpunkte eurer Tätigkeit?

Wir sind die Dresdner Beratungsstelle Support der RAA Sachsen, mit weiteren Standorten in Leipzig, Chemnitz, Görlitz, Plauen und einer zusätzlichen Onlineberatung. Unser Team besteht aus 15 Beratenden. Wir beraten und begleiten Menschen, die rechte, rassistische und antisemitische Gewalt erlebt oder beobachtet haben. Wir unterstützen bei der Bearbeitung der Angriffsfolgen und rechtlichen Fragen, begleiten zu Polizei und Gericht, federn finanzielle Notlagen ab, leisten Öffentlichkeitsarbeit u.v.m.

Um das Thema rechte Gewalt weiter sichtbar zu machen und einen solidarischen Umgang im gesellschaftlichen Diskurs zu verankern sind wir Teil verschiedener Bündnisse.

Wir leben in einer Zeit multipler Krisen und politischer Polarisierung: Wie blickt ihr auf die aktuelle politische Lage? Welche Auswirkungen spürt ihr konkret in eurem Tätigkeitsfeld?

Wir beobachten die Zunahme rechter Gewalttaten und ein bedrohlicheres Klima innerhalb der Gesellschaft. Insbesondere die letzten Jahre in Sachsen zeigten, dass rassistische Diskurse zu konkreten Angriffen auf geflüchtete und migrierte Menschen, politisch Aktive und Journalist*innen geführt haben. Unter anderem sind der öffentliche Raum, das Wohnumfeld, Schule und öffentliche Verkehrsmittel potentiell gefährliche Orte für alle Menschen, die nicht in das Bild rechter Ideologien passen.

Die Zuspitzung politischer Polarisierungen und die Auswirkungen weltweiter Krisen werden durch rechte Akteur*innen instrumentalisiert, so dass rechte Positionen bestärkt und gesellschaftsfähiger werden.

Mit Blick auf diese Entwicklung nehmen wir eine Zunahme der Gewaltbereitschaft sowie eine Zunahme von Bedrohungen und Angriffen wahr. Darüber hinaus sehen wir menschenfeindliche Alltagserfahrungen als einen ständigen Begleiter von Betroffenen. Der gesellschaftliche Raum wird zunehmend ein unsicherer Raum.

2024 stehen drei richtungsentscheidende Wahlen in Sachsen bevor (Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen). Mit welchen Gefühlen blickt ihr auf die möglichen Stimmgewinne für rechtsextreme Parteien? Was würde ein wachsender Einfluss von rechtsextremen Kräften für euch und eure Organisation bedeuten?

Wir blicken mit Sorge auf die diesjährigen Wahlen. Ein wachsender Einfluss rechtsextremer Parteien und Akteur*innen gerade in den kommunalen Gremien und Stadträten wird dabei zu einer großen Herausforderung. Langjährige zivilgesellschaftliche Entwicklungen und Fortschritte werden vermutlich zurückgedrängt, was zur Normalisierung menschenfeindlicher Alltagserfahrungen führen wird. Neben den strukturellen Veränderungen und Kürzungen für Demokratieprojekte, Beratungsstellen und Initiativen, befürchten wir eine zunehmende Entpolitisierung und Dethematisierung rechter Gewalt als gesellschaftliches Problem. Ein solidarischer Umgang wird erschwert und Betroffene können weniger in der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden.

Zum Glück sind die Wahlen noch nicht verloren: Welche Erfolge eurer Arbeit würdet ihr gerne verstetigen, statt euch zu sorgen?

In den letzten Jahren hat sich in Sachsen ein breites Netzwerk an demokratischen Organisationen entwickelt und eine starke Zivilgesellschaft aufgebaut. Auch über die Wahlen hinaus werden die Bündnisse und Netzwerke an der Seite von Betroffenen stehen. Diese Solidarität wünschen wir uns, auch ungeachtet der Wahlergebnisse.

Zwei letzte Fragen: Welche Wünsche habt ihr an (Nicht-) Wähler:innen in Sachsen? Was erwartet ihr von den demokratischen Parteien in der kommenden Legislaturperiode?

Von den etablierten demokratischen Parteien erwarten wir ein Entgegenstellen gegen rechte, rassistische und antisemitische Gewalt und das Eintreten für eine pluralistische, solidarische Gesellschaft.

Wir erwarten eine klare Position für Menschenrechte für Alle und gegen Hass und Hetze. Darüber hinaus erwarten wir eine Politik für Alle. Gegen Zuschreibungen und Abwertungen, als Reflex auf rechte Narrative. Eine pluralistische Gesellschaft ist kein Ort für Wenige, sondern für Viele.

 

 


Die Interviews geben die Meinung der Befragten wieder und spiegeln nicht notwendigerweise die Position der Bündnisse wider.

Eine gemeinsame Initiative mit dem Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden & Ostsachsen