14. AUGUST 2024
Im Auftrag der Cellex Stiftung unterstützt von der Freudenberg Stiftung, der Schöpflin Stiftung und der Amadeu Antonio Stiftung hat Prof. Dr. Friedhelm Hufen ein Rechtsgutachten erstellt, das den Sachverhalt zum so genannten “Neutralitätsgebot” für zivilgesellschaftliche Vereine der Demokratie- und Jugendarbeit juristisch prüft.
Kernaussagen des Rechtsgutachtens
[Auszug; Hervorhebungen durch Kulturbüro Sachsen e.V. (KBS)]
Zusammenfassend kommt Prof. Dr. Hufen zu folgenden Ergebnissen:
- Mit seinen Ausführungen zum Neutralitätsgebot und zur Chancengleichheit politischer Parteien hat der Sächsische Landesrechnungshof (SRH) im Sonderbericht die Kompetenzen des Rechnungshofs überschritten. Über die Verfassungsmäßigkeit der Förderpraxis eines Ministeriums hat allein die Gerichtsbarkeit zu entscheiden.
- Inhaltlich erweist dich die Argumentation des SRH als einseitig und wenig tragfähig und bietet auch keine Anhaltspunkte für einen Handlungsrahmen für künftiges Verhalten der Beteiligten. Sie konzentriert sich einseitig auf die Einhaltung des isoliert betrachteten Neutralitätsgebots und lässt die Anforderungen der ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Staatsaufgabe Demokratieförderung, der streitbaren Demokratie und der Grundrechtsstellung der geförderten zivilgesellschaftlichen Kräfte außer Betracht.
- Die politische Nähe eines schon im Titel auf Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgerichteten Ministeriums zu auf dieselben Ziele gerichteten gesellschaftlichen Vereinigungen ist kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot, sondern geradezu sachimmanent.
- Politische Bildung und Demokratiearbeit sind stets auf ethische Werte und Verfassungsziele gerichtet und deshalb nie „neutral“. Auch sind sie Ausdruck der streitbaren Demokratie und verpflichtende Staatsaufgabe, die auch und gerade durch private Organisationen wahrgenommen werden kann.
- Die Offenheit des demokratischen Willensbildungsprozesses ist ein herausragendes Verfassungsprinzip. Sie darf nicht durch Neutralitätsgebot und Chancengleichheit der Parteien verkürzt werden. Beide Verfassungsgüter dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
- Die öffentliche Finanzierung privater Initiativen bedeutet nicht, dass deren Äußerungen zu solchen des Staates werden. Die privaten Träger sind weder Instrument noch „Sprachrohr“ des Ministeriums und auch nicht in gleichem Maße an ein – wie auch immer definiertes – Neutralitätsgebot und die Chancengleichheit der Parteien gebunden.
- Die Bildungsarbeit freier Träger darf Gefahren für die Menschenwürde, für die freiheitliche demokratische Grundordnung, für die Grundrechte und für Staatsziele wie den Schutz natürlicher Lebensgrundlagen und europäische Einigung auch und gerade dann abwehren, wenn diese Gefahren von Programmen politischer Parteien ausgehen.
- Weder das Neutralitätsgebot noch die Chancengleichheit politischer Parteien verbieten die sachliche Auseinandersetzung mit diesen – auch wenn die entsprechende Partei oder führende Funktionäre konkret benannt werden.
Das gesamte Gutachten kann HIER nachgelesen werden.
Das Rechtsgutachten vom 25. Juli 2024 wurde am 14. August desselben Jahres in einer Pressekonferenz durch den Verfasser selbst vorgestellt.