#SolidarischWählen – Demokratie stärken: Wir machen weiter!

Noch immer haben wir die Ergebnisse der Kommunal- und Europawahlen in Sachsen am 9. Juni nicht wirklich verdaut. Im Gegenteil: Die Wut, der Schock und die Ernüchterung sitzen tief und lassen die Sorge vor den Landtagswahlen am 1. September wachsen.

Mit eindringlichen Worten hatten wir vor den Gefahren eines rechtsextremen Wahlerfolges gewarnt und zur solidarischen Wahlentscheidung mit den Betroffenen von Antisemitismus und Rassismus aufgerufen. Unsere Hoffnung: Ein weiterer Rechtsruck auf Ebene der Kommunen bleibt aus. Der Rückbau der demokratischen Zivilgesellschaft vor Ort wird eingedämmt. Die Verschlechterung der Lebenssituation von Betroffenen von Antisemitismus und Rassismus wird verhindert. Denn schon vor den Wahlen lebten viele Jüdinnen*Juden und BIPoC[1] in einem permanenten, einer Demokratie unwürdigen, Ausnahmezustand: Sie hatten das Gefühl, kein anerkannter Teil dieser Gesellschaft zu sein und sich stattdessen vor Anfeindungen und Angriffen verstecken zu müssen.[2]

Und dann kam der Wahlabend: Flächendeckend entpuppten sich Rechtsextreme als Gewinner*innen der Wahlen. Mit Ausnahme von Leipzig wurden sie in allen kreisfreien Städten und Landkreisen Sachsens die stärkste Kraft und holten dabei insgesamt, vor allem in Ostsachsen, Stimmenanteile von annähernd 40 Prozent. Trotz aller Proteste und Skandale, die das rechtsextreme Spektrum in Europa und Sachsen erschütterten,[3] schlugen damit Zuwächse von bis zu 15 Prozent zu Buche.[4] Unser Fazit: Nicht aus Protest, sondern aus Überzeugung wählen immer mehr Sächs*innen rechtsextreme Parteien und stellen damit die Demokratie als solche auf eine harte Probe.

Wohin diese Stimmenanteile führen? Ganz sicher werden reihenweise kommunale Mittel für die Integration, die Kinder- und Jugendhilfe, die Soziokultur, den Sport, den Wohnungsbau, die Gesundheitsversorgung und den öffentlichen Nahverkehr gestrichen. Und es geht noch weiter: Hunderte Neonazis und Rechtsextreme aller Couleur sind durch die Kommunalwahlen an Mandate gelangt[5] und haben damit nicht nur einen potenziellen Zugang zu sensiblen Daten ihrer politischen Gegner*innen, sondern auch zu weiteren Finanzmitteln erhalten.[6] Der rechtsextreme Strukturaufbau findet aber auch weiterhin außerhalb der Kommunalvertretungen statt: So trafen sich am 22. Juni Vertreter*innen diverser rechtsextremer Parteien und Bewegungen bei einer Sonnenwendefeier in Herrnhut, wo sie u.a. ein Lied der Hitlerjugend sangen und einem regionalen SS-Standartenführer huldigten.[7] Nach dem sogenannten Treffen von Potsdam zeigte die extreme Rechte hier ein weiteres Mal, wer die wahren Wegbereiter und Vorbilder ihrer Politik sind.

Dennoch bzw. gerade deswegen machen wir weiter. Die Wahlen in Sachsen mögen ein Schock gewesen sein, doch es gab auch Lichtblicke: Die noch Anfang des Jahres bundesweit zu erwartenden Stimmengewinne für Rechtsextreme blieben aus. Und bei den Stichwahlen um öffentliche Ämter in Thüringen gelang es den demokratischen Parteien allen Orts gemeinsame Mehrheiten gegen die Aushöhlung der Demokratie zu organisieren. Diese Erfolge einer breiten demokratischen Zusammenarbeit auch bei den Landtagswahlen in Sachsen fortzusetzen ist unser Anliegen. Wir werden nicht aufhören, unsere Meinungen zu sagen und für Demokratie und Menschenrechte für alle einzustehen. Wir werden es niemals hinnehmen, dass rassistische, antisemitische und rechtsextreme Positionen in Alltag und Politik salonfähig sind. Macht mit, widersprecht und verteilt unsere neuen Poster und Sticker.[8] Am aller wichtigsten aber: Setzt bei den Wahlen am 1. September ein Zeichen für eine Gesellschaft der Vielen. Niemals dürfen wir akzeptieren, dass sich Menschen aus Angst verstecken müssen!

Geht solidarisch wählen!

[1] Die Abkürzung steht für Black, Indigenous, and other People of Color. BIPoC ist eine positiv besetzte, politische Selbstbezeichnung rassistisch diskriminierter Personen.

[2] Unseren Aufruf „Solidarisch wählen – Demokratie stärken“ sowie die Interviews mit einigen unserer Bündnispartner*innen zu den anstehenden Wahlen findet ihr weiter oben.

[3] Beispielhaft sei hier genannt: Blum; Riedel (2024): Ermittlung wegen Bestechlichkeit. Neue Spuren im Fall Bystron, in tagesschau.de. Unter: https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/razzia-afd-bystron-100.html

[4] Übersichten zu den diesjährigen und vergangenen Wahlergebnissen in den kreisfreien Städten und Landkreisen sind hier zu finden: https://www.wahlen.sachsen.de/index.html

[5] Für einen Einblick in die Kandidat*innen der Freien Sachsen siehe: Böckmann; Datt (2024): Kommunalwahlen: rechtsextreme “Freie Sachsen”, in: MDR Exakt. Unter: https://www.ardmediathek.de/video/exakt/kommunalwahlen-rechtsextreme-freie-sachsen/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy8xNjI5Y2ViNy0yMjlmLTRkYjAtODVjYi0yMWU5OTBlMjMyNjc

[6] Siehe hierzu: Giesbers, Tilo (2024): Die Eroberung der Fläche. In: der rechte rand. Ausgabe 208, unter: https://www.der-rechte-rand.de/archive/10543/die-eroberung-der-flaeche/

[7] Siehe hierzu: Baeck; Lehnte (2024): Rechtsextreme Netzwerke in Sachsen. Wo AfD-Politiker einen SS-Mann ehren, in: taz. Unter: https://taz.de/Rechtsextreme-Netzwerke-in-Sachsen/!6021990/

[8] Sticker und Poster könnt ihr euch bei uns, im Büro des RAA Sachsen e.V., in Dresden abholen. Die Plakat- und Aufklebermotive können außerdem hier angesehen und ausgedruckt werden:

#SolidarischWählen alle Plakatmotive (A2)
#SolidarischWählen alle Stickermotive (A7)

Eine gemeinsame Initiative mit dem Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen und mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung.